Dienstag, 19. Juni 2012

Das leichte Erbe der Legende

Surfazz, so nennen sich ein paar Jungs aus Stuttgart in Süd-Deutschland. Warum gerade "Surfazz" weiß keiner mehr, was das bedeutet auch nicht. Mark und Robert leben keinen Cafe Racer-Lebensstil, sie leben das Leben, nur manchmal spielt das Cafe-Racing dabei eine große Rolle. Vielleicht erklärt diese Geschichte ein paar Dinge.



Jack Beauregard und Hunter S. Thompson waren die letzten ihrer Art. Thompson war einer der letzten „Fuck the Society Typen“ der amerikanischen Popliteraturkultur und der Erfinder des Gonzo-Journalismus - Beauregard war der letzte echte Westmann, der letzte Cowboy, der den Westen verlies, als er zu voll wurde.


Bevor Jack seine Bühne verlies, wurde er, ob er es wollte oder nicht, von einem Helden zu einer Legende. Es musste es aufnehmen mit der „Wilden Horde“, alleine, mit 150 Reitern, die ritten und schossen wie Tausend. Nur eine Handvoll von ihnen überlebte.

Hunter S. Thompson war jemand, der, wie er selbst schrieb, mit den echten Cafe Racern seiner Zeit gefahren ist. Auch mit Sonny Barger, Gründer der Hells Angels, und Jack Nicholson, dem Schauspieler. Thompson war jemand, der mit Acid im Hirn die Highways entlang raste und der schnelles Fahren für besser hielt als langsames. Jonny Depp spielt ihn als einen Motorradreporter in „Fear and loathing in Las Vegas“, eine Buchverfilmung eines Romans, den Thompson geschrieben hat.

Eines Tages bekam er einen Anruf von einem amerikanischen Morradmagazin, ob er nicht die neue Harley Davidson Roadking testen wollte. Er fand, dass der neue Ducati-Cafe Racer dramatisch cooler wäre. Also bekam er die 900 SS nach New York gebracht.

In dem berühmten Artikel „Song of the sausage creature“ beschreibt er sein Verhältnis zu Dingen, die man braucht oder eben nicht braucht und er kommt zu dem Schluss, dass einen Ducati Cafe Racer wie die 900 SS überhaupt niemand brauche und man ihn trotzdem dringend haben müsse. “An manchen Tagen glaube ich sogar, das ich ihn (den Cafe Racer) lebensnotwendig brauche – deswegen sind die Dinger ja so gefährlich.”

Er kämpft mit der Ducati, stürzt sie fast, hält sich gerade noch drauf fest. Ein mal kann ihn nur noch das Aufreisen des Gasgriffes und ein Sprung über die Bahngleise retten. Er fliegt und landet hart, schlingert Richtung Gegenverkehr, fängt sie ein, und fährt den Rest des Weges im ersten Gang, adrenalingeschwängert, fertig mit den Nerven. Er erzählt diese Geschichte und macht sie damit zur Legende, mit Worten, nicht mit seinem Tod. Oder hätte er sich opfern müssen? Sterben müssen? Auf dem Motorrad?

„Ein echter Held muss sterben, das ist doch klar“, sagt Nobody zu Beauregard im Italowestern „Mein Name ist Nobody“ nach einer Idee von Sergio Leone, aus dem Jahre 1973. „Und wie hast du dir das vorgestellt?“, antwortet Beauregard trocken und mustert ihn mit seinen gealterten Augen.

Aber auch Beauregard stirbt am Ende nur für das letzte Foto. „Terence Hill“ erschießt ihn auf offener Straße. Der Fotograf hält den Moment für die Ewigkeit fest. Nobody schießt dem Helden seiner Kindheit sanft in den Bauch, er soll überleben. „Dein Leben hängt an einem seidenen Faden“, gibt er ihm mit auf den Weg in den gestellten Tod. Und dann stirbt er für die Öffentlichkeit. In Wirklichkeit tritt er seine Schiffpassage an zurück nach Europa. „Das Land hat sich verändert. Und wenn man darüber nachdenk, kommt man darauf, das Männer wie ich das Land verlassen müssen.“ Nobody hilft ihm dabei und erbt den Ruhm als er ihn tötet.

Derzeit geben viele alte Männer ihre Motorräder ab, Mark und Robert sind die neuen, die da sind, die diese Motorräder zu sich nehemen. Es sind ihre Helden, diese 900 SS Ducatis. Es sind echte, harte Maschinen. Mit einem straffen, ultrapräzisne Fahrwerk. Mit einer Direktheit, wie sie kaum ein Superbike heute noch vermittelt. Sie sind leicht und klein, drahtig, zornig. Und es sind Cafe Racer für Schrauber. „Kein Mensch kann dieses Motorrad fahren, der sie nicht reparieren kann,“ sagt Mark.

Die Zeiten ändern sich. Beauregard hatte sein Land gehabt und Thompson eben seine Zeit, mit seinen Motorrädern, die es nun mal gab, wir reden von Vincent und so. War die 900 SS für Hunter ein gewaltiges Motorrad, mit ultra viel Drehmoment, so ist sie für Robert Spielzeug. Und trotzdem lebt dieses Motorrad als Cafe Racer heute weiter, wie die Legende des Beuregard.

Hunter S. Thompson hat zugeben, das Motorrad nie ganz ausgefahren zu haben. Es wurde ihm einfach zu schnell. Er hatte Angst. Er hätte sich in echte Gefahr begeben müssen. Seinen Tod wollte er selbst bestimmen, und zwar nicht fahrlässig. 2005 fand er, war der richtige Zeitpunkt gekommen und er schoss sich eine Kugel in den Kopf. Nicht wirklich verbittert, er war einfach 17 Jahre lang jetzt über 50, das sollte reichen. Hier war Schluss.



Warum Robert und Mark sich dieses Motorrad gekauft haben? Irgendwie muss das schon mit dem Artikel von Thompson zu tun haben. Irgendwie hat er dieses besondere Gefühl in die Welt gesetzt.

Es ist für Surfazz die logische Weiterentwicklung beim Cafe Racen. Nach den beiden Kawasaki W 650 die sie aufbauten, nun mit diesen Bikes zu mehr Racing, mehr Street und mehr Mut. Ein grellroter, buckliger, „Warpgeschwindigkeit fahrender Cafe Racer“ für die Straße.

Was Cafe Racen ist, hat Thompson klar definiert.


“Cafe Racing muss man mögen. Es verlangt eine atavistische Einstellung und ist eine eigentümliche Mischung aus wenig Rücksicht, viel Tempo, reiner Dummheit und übertriebener Hingabe an das Cafe Life und all seiner gefährlichen Freuden.”

Echtes Straßenfahren, gebückt und laut. Hart ist es auf den Ducatis. Wenn man nach einem Tag auf dem Bike absteigt, schmerzen die Knochen. Das Laufen fällt schwer. Der Kopf ist voll und leer gleichzeitig. Der Motor hackt und rumpelt und tickert vor sich hin. Die Trockenkupplung rasselt, die dicken Tröten brummen. Das ist pures Gefühl. Die Reinheit der Angst, die Erhabenheit der Lust wenn das Rad steigt, wenn das Dehmoment zupackt und die Kette spannt.

Am Schluss geht Beauregard und der Westen bleibt. Ein neuer Mann ist da, spielt sein Spiel, nach seinen Regeln, aber mit Respekt vor den alten Haudegen. Mark und Robert spielen ihr Spiel vom Cafe Racen. Alte Männer, die ihnen sagen wollen, wie man dieses Spiel spielen sollte, sollten nachdenken und das Land verlassen. Sie sollten sich mit ihren Ratschlägen zurückhalten, sollten ihnen niemals zu erklären versuchen, was Cafe Racen ist, denn die Neuen stehen schon voll im Leben. Der Ruhm ist weitergegeben.



Text und Bilder - Colt Surfazz




Die Geschichte wurde im 
"Street" veröffentlicht.



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